Indie-Games: Wie die Kreativköpfe der Branche ums Überleben kämpfen

Für Spieleentwickler ist die Anfangszeit hart. Chad ­Moldenhauer, Art Director beim Indie-Erfolgshit „Cuphead“, ­einem von Disney-­Filmen beeinflussten ­Cartoon-Shoot-’em-up-Spiel, sagte gegenüber der US-Spiele-Website Gamesradar: „Man weiß nicht, wie viel die Dinge wirklich kosten werden. Man weiß nicht, wie lange es dauert, bis alles fertig ist. Man weiß nicht, wie Kunst, Programmierung und Design miteinander verknüpft sind, und inwiefern Zeit- und Geldbeschränkungen beim einen zu Kompro­missen beim anderen führen.“ Erst wenn man realisiere, dass alle Pläne in Bezug auf Umfang und Zeitrahmen falsch ­waren, ­würde man realistisch einschätzen, was möglich sei. Und bis ­dahin müssten die Entwickler an ihrem Projekt festhalten, ohne unterzugehen. Cuphead profitierte finanziell davon, dass Microsoft das Spiel exklusiv für die Konsole Xbox und für Windows haben wollte.

Aber Indie-Spiele entstehen meist nur aus dieser Kombination: Fördermittel, Kickstarter, und – am häufigsten – eigene ­Ersparnisse. Der US-Entwickler Danny Weinbaum schuf aus ­eigener Tasche „Eastshade“. Bei diesem Spiel ist man ein Künstler in einer Fantasy-Welt. Man muss Rätsel lösen, doch Kern des Spiels ist die virtuelle Leinwand: Man flaniert über die Insel, sucht schöne Motive und lässt sie von der Figur abmalen. Das Werk kann man dann herunterladen und online teilen.

Danny wusste schon als Teenager, dass er eigene Spiele ent­wickeln wollte. Er begann, rigoros zu sparen, nahm später ­einen Job bei einer AAA-Firma an. Als er genug Geld hatte, um zwei ­Jahre Vollzeit an Eastshade arbeiten zu können, kündigte er. Er sagt: „Ich plante, mir nach zwei Jahren wieder einen Job zu ­suchen, falls ich nicht fertig werden würde.“ Er wurde nicht ­fertig, aber machte weiter. Als er nach fünf Jahren immer noch nicht fertig war, zog er mit seiner Lebensgefährtin zu seiner Großmutter, um die Miete zu sparen.

Das Spiel „Gardenarium“, in dem der Spieler eine schrille, surreale Welt erkundet. Entwicklerin Paloma Dawkins nahm mit dem Titel ­lediglich 2.000 US-Dollar ein. (Screenshot: KO_OP mode / Gardenarium)

Das alles war es ihm wert. „Als Indie-Entwickler darf ich ­alles machen“, erzählt er. „Es stimmt schon, dass wir ­Kompromisse eingehen müssen, weil wir nicht das Budget haben, um bestimmte Dinge zu tun, aber auch das macht mir Spaß.“ Er ­genieße es, heraus­zufinden, was Spielern wichtig sei, und selbst die ­Prioritäten zu setzen. „Es gibt nichts auf der Welt, was ich lieber tun würde als genau das, was ich gerade tue. Alles was ich ­wünsche, ist, dass jedes Spiel genug für das Nächste einbringt.“

Die Konkurrenz ist hart, Wahrnehmung alles

Als eine Reihe von Indie-Entwicklern für einen Artikel auf dem ­Portal The Verge im Oktober 2019 ihre Einkünfte offenlegte, war die Ernüchterung groß. Kara Stone, Schöpferin von „Ritual of the Moon“, ein meditatives Spiel, bei dem man in die Rolle einer auf den Mond verbannten, einsamen Hexe schlüpft, lebt von einem Lehrauftrag an der Universität. Paloma Dawkins schuf das Game „Gardenarium“, in dem man eine schrille bunte, surreale Welt erkunden muss. Sie hat mit ihrem Spiel etwa 2.000 ­US-Dollar eingenommen. Weitere ­Einkünfte generiert sie, weil sie ihr Spiel in Museen und Galerien vorstellen darf. Sie lebt in einem ­Zimmer, das 200 Dollar Miete kostet. Jason Roberts hat das preis­gekrönte handgezeichnete Puzzle-Spiel „Gorogoa“ entwickelt und lieh sich dafür Geld von Freunden. Den großen Erfolg des Spiels hat er genutzt, um seine investierten Ersparnisse wieder zurück­zugewinnen. Er sagt, er wache hin und wieder nachts auf und habe Panikzustände.

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