Indie-Games: Wie die Kreativköpfe der Branche ums Überleben kämpfen

Für das breite Publikum sind solche Geständnisse über­raschend. Die Game-Industrie ist gewaltig –, sie machte im Jahr 2019 einen geschätzten Umsatz von 151,9 Milliarden US-Dollar. Fast 2,5 Milliarden Menschen auf der Welt spielen Videospiele. Aber das Geld, das sie ausgeben, fließt fast ausschließlich auf die Konten der großen Entwicklerstudios und die der Betreiber der Plattformen wie Steam, des App Store von Apple oder Origin von Electronic Arts.

Hinzu kommt, dass der Markt übersättigt ist. 2019 wurden allein auf der mit Abstand größten Online-Vertriebsplattform für PC-Spiele Steam 8.412 Spiele neu veröffentlicht. Das macht im Schnitt ungefähr 23 neue Spiele pro Tag. Um in die Empfehlungslisten zu rutschen oder auf die vorderen Seiten der Suchergebnisse zu kommen, muss man eine bestimmte Verkaufszahl erreichen. Die erste Hürde liegt vermutlich bei 1.000 Verkäufen. Die Firmen dürfen diese Zahlen vertragsbedingt nicht offenlegen. Eine zweite Schwelle gibt es bei Bewertungen. Liegt ein Spiel ­unter 50 positiven Bewertungen, landet es bei den Such­ergebnissen unter den letzten 20 Prozent.

Bei „Code 7“ von Goodwolf Studio müssen die Spieler einen gleichnamigen Virus stoppen. Er wurde von einer abtrünnigen künstlichen Intelligenz in die Welt gesetzt, um die Menschheit auszulöschen. (Screenshot: Goodwolf Studio)

Tools, um ein Spiel zu promoten, bietet Steam nicht. ­Entwickler zahlen eine Grundgebühr und laden ihr Spiel hoch. Dafür müssen sie derzeit 86 Euro zahlen, die sie zurückbekommen, wenn das Spiel 1.000 Dollar einbringt. Valve, die Firma hinter Steam, erhält pro Verkauf zudem einen 30-prozentigen Anteil. Der reduziert sich erst bei einem Umsatz ab 50 Millionen Dollar, was zeigt, wie große Firmen bevorteilt werden. Bei 82 Prozent der Spiele, die über Steam herauskamen, reichen die Einkünfte der Entwickler nicht, um davon leben zu können. Durchschnittlich verkauft sich ein Spiel bei Steam etwa 2.000-mal und macht im ersten Monat 12.500 Dollar Umsatz, im ersten Jahr 30.000 Dollar. Zieht man die Provision ab, bleiben 21.000 Dollar, von denen noch Steuern abgehen. Zum Vergleich: „Grand Theft Auto V“ verkaufte sich in den ersten Wochen mehr als zwei Millionen mal auf Steam.

Wie eine Indie-Band auf Tournee

In den 1990ern wurden Indie-Games vor allem als Shareware-­Spiele vertrieben, mit der Möglichkeit, sie für Freunde zu ­kopieren. Die Idee war, einen Teil des Spiels umsonst ­anzubieten, in der Hoffnung, die Nutzer zahlten für den Rest. Der richtige ­Indie-Boom kam erst mit der Etablierung des digitalen Vertriebs über Plattformen wie Steam Anfang der 2000er-Jahre. Bis dahin mussten kleine Publisher ihre Spiele auf DVDs veröffentlichen und Händler mühsam davon überzeugen, sie in ihren Läden so aufzustellen, dass sie auch gefunden werden. Jetzt konnte man die Gamer ohne Aufwand erreichen. Eines der ersten wirklich erfolgreichen Spiele auf Steam war sogar ein Indie-Game, das Echtzeit-Strategiespiel „Darwinia“. Zudem sind Entwickler-­Tools für Computerspiele in den vergangenen Jahren immer ­billiger ­geworden. Die leistungsstarke Entwicklungsumgebung für ­Spiele, Unity, ist bei geringen Verkaufszahlen sogar kostenlos. ­Kleine und unabhängige Teams konnten sich die Software plötzlich leisten.

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