Indie-Games: Wie die Kreativköpfe der Branche ums Überleben kämpfen

Der Begriff Indie wurde dabei aus der Musikbranche übernommen. Er bezeichnet Bands, die sich bewusst von großen Plattenfirmen abgrenzen wollen. Indie kann beides bedeuten, ­finanzielle oder kreative Unabhängigkeit. Die Nähe zur Musik wird nirgendwo deutlicher als bei den Nachbarn von Goodwolf, in den Räumen von Ludopium, einem Studio mit sechs ­Mitarbeitern. In der ­Mitte des Raums türmen sich Getränkekisten, an der Wand hängen Zettel mit Stichwörtern wie „Witchcraft“. Im ­angrenzenden Raum steht eine Gitarre neben einem Mischpult. Ludopiums Debut ist das Spiel „Vectronom“, bei dem man versuchen muss, hüpfend Hindernisse zu überwinden, die sich im Rhythmus der Musik bewegen. Die Songs hat Mitgründer Juan ­Orjuela selbst komponiert und als Soundtrack veröffentlicht – eine kleine Nebeneinnahme.

Mitgründer Utz Stauder im Austausch mit seinem Kollegen: „Wir haben uns einen Hungerlohn ausgezahlt.“ (Foto: Melanie Grande)

Utz Stauder, ebenfalls Mitgründer, Geschäftsführer und Programmierer sagt, er habe am Anfang sehr viel investieren müssen. „Es geht natürlich erst mal ganz gut, da wir als Studis von Bafög oder Studienkrediten lebten, aber das wurde nach und nach ­immer weniger mit dem Studium und mehr mit der Arbeit.“ Für das Spiel erhielt das Team Unterstützung von Arte, aber es reichte nicht, um die ganze Produktion abzudecken. „Also haben wir uns einen Hungerlohn ausgezahlt.“ Um für das Spiel zu werben und einen Publisher zu finden, der die Vermarktung übernimmt, flogen Utz und seine Kollegen drei Jahre lang um die halbe Welt, um das Spiel auf Messen und Events vorzustellen. Sie schliefen in ­billigen Absteigen. Es fühlte sich an, wie eine Indie-Band auf Tournee. 2017 landete das Spiel auf dem zweiten Platz beim Deutschen Computerspielpreis in der Nachwuchskategorie. Es gab 30.000 Euro Fördergeld.

„Vectronom“ ist das Debutspiel von Ludopium. Bei dem Titel müssen die Spieler versuchen, mit einem Würfel hüpfend Hindernisse zu überwinden, die sich im Rhythmus der
Musik bewegen. (Screenshot: Vectronom / Ludopium)

Auch Utz musste viel lernen, etwa, dass ein Spiel, das vor allem von der Musik lebt, bei den Screenshots auf Steam nicht gut aussieht, das Spiel wird weggeklickt. Eine weitere Lektion ist die frühe Einbeziehung einer Zielgruppe: „Die gibt dir eine gute Orientierung, wenn es darum geht, bestimmte Entscheidungen zu treffen“, sagt Utz. „Wir haben jetzt eine Art Zielscheibe vor Augen. Genau in der Mitte ist die eine Person, die das Spiel am aller­geilsten findet. Was würde diese Person präferieren? Das vereinfacht am Ende die Vermarktung.“ Auch Utz verdient als freiberuflicher Dozent an einer Schule in Köln ein ­zusätzliches ­Gehalt. „Es ist nicht immer einfach, die richtige Balance zu ­finden“, sagt er. „Mein Ziel ist, das Studio aufrechtzuerhalten, ohne dass wir uns kaputtmachen. Und wenn das auf Teilzeit hinausläuft, geht es ja auch in Ordnung.“

„Ich denke, es ist möglich, davon zu leben, Indie-Spiele zu ­machen“, sagt Charlie Lebrun. Sie war PR-Managerin bei Sega Europe und leitete die Kampagnen für Spiele wie ­„Total War: Three ­Kingdoms“ und „Two Point Hospital“. Heute ist sie selbstständig mit der Firma Player Two, die sich auf PR für Indie-­Spiele ­spezialisiert hat. Zu ihren Kunden zählt Danny Weibaums ­Eastshade Studios. Sie sagt: „Das Marketing wird bei Indie-­Firmen am häufigsten unterschätzt.“ Es gäbe viele Variablen, aber es laufe alles darauf hinaus, herauszufinden, was das ­Besondere an ­einem Spiel sei, und ein Publikum zu finden, das dieses Besondere zu schätzen wisse.

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